Rattengift und Schneckenkorn – vom Glück, im eigenen Garten Gemüse anzubauen
Wunsch und Wirklichkeit gehen doch gerne mal getrennte Wege. Eigentlich wollte ich hier fröhlich von meinen Hochbeeten und den stolzen Gemüsesetzlingen darin berichten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass ich die großartige, ja segensreiche Idee hatte, zum Thema „Urban Gardening“ ein Projekt machen zu wollen. Für alle Anglizismen-Hasser: das ist wie Stadtgärtnern – nur cooler. Ich bediene mich hier bewusst des englischen Begriffs, da die Sache ursprünglich aus New York stammt und meiner Ansicht nach so auch der internationale Charakter der ganzen Idee aufgezeigt wird.
Aber nun zurück zu den Viechern. Ich habe soeben (nach Beratung) Rattenköder ausgelegt. Ich. Total tierliebende Tier- und Umweltschützerin hat den Kampf verloren. Und der Ratte dabei zugesehen, wie sie in die Köderstation stieg. Und nun weiß ich gar nicht, ob ich erleichtert sein soll oder auch einfach ein bisschen traurig sein darf.
Es begann im Grunde damit, dass die Nachbarn ihren Schuppen an der Grundstücksgrenze neben unserem Kompost abrissen und anschließend von „niedlichen Spuren“ von unserem Kompost zu einer Art selbstgebuddelter Souterrain-Anlage unter ebendiesem Schuppen berichteten. Zunächst habe ich da nicht weiter drüber nachgedacht (schön doof).
Vor drei Wochen dann war ich zum Grillen bei Freunden (es gab nur Teile von glücklichen Tieren!) und hörte einem Gast zu, wie er der Gastgeberin von Hochbeeten allgemein abriet und ich widersprach „Nein, mach mal, das ist toll. Ich habe mittlerweile acht.“ Er nur (leise zu mir gewandt): „Wir haben dann Ratten gekriegt…“ Ich guckte ihn etwas ungläubig an.
Bis ich eine Woche später Auge in Auge mit the big fat rat im Garten stand und nur dachte: „Welch Ironie“. Das dicke Ding war jedenfalls aufgrund des besagten Abrisses seiner ursprünglichen Behausung unter eines meiner Hochbeete gezogen. Doktor Google sagt daraufhin: Ratten sind geruchsempfindlich und mögen kein Terpentin. Ich losgeflitzt, Terpentin besorgt, Lappen verteilt. Und gedacht, damit ist die Sache erledigt.
Wenige Tage später sitzt sie jedoch tief entspannt neben einem solchen Lappen, als wär nix. Ich (immer noch lieb) rase los, eine Lebendfalle besorgen. Doch das Tier ist nicht nur erstaunlich gelassen, sondern auch extrem schlau – und geht partout nicht in die Falle rein. Sitzt mal daneben, mal da drauf… So kam es also heute zum Mord(versuch). Durch meine Hand. Ein Jammer. Doch: wo eine Ratte zu sehen ist, ist ihre Sippe meist nicht fern.
Mit den Nacktschnecken verhält es sich, ehrlich gesagt, nicht viel besser… Ich habe mal in einem Sommer versucht, auf jegliche Methoden der Abwehr und Vertreibung (auch kein Kupferband und kein Einsammeln) zu verzichten. Ende vom Lied: Ich war eines Abends spät, nach einem romantischen Sommer-Regen, noch mit dem Hund im Garten – und bekam kaum einen Fuß an den Boden. Schneckenschleimleib an Schneckenschleimleib grasten sie auf unserer Wiese. Man hätte einen Horrorfilm drehen können. Und so bin ich auch bei ihnen eingeknickt und fahre sie n i c h t liebevoll in einem Eimerchen zum nächstgelegenen Wäldchen, worin sie dann einen glücklichen Lebensabend verbringen können, indem sie mit Begeisterung Hundehaufen verspeisen.
Aber hey, das Gemüse wächst und gedeiht. Die Hochbeete und das Gewächshaus sind prall gefüllt. Die Obstbäume haben einen kräftigen Schuss gemacht.
Die Vögel zwitschern. Die Insekten brummen…
Und ich? Bin wieder um eine Erfahrung reicher. Und werde den Komposter auch von oben abdichten. Offen zugänglichen Kompost und verstreutes Vogelfutter mögen Ratten nämlich sehr gern.